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Mittwoch, 13. November 2013

Kamingespräch zwischen Beatrice von Bismarck und Karin Wege in der Galerie Andreas Binder

Anlässlich der Ausstellung Cine//Città von Philipp Lachenmann in der Galerie Andreas Binder führten Beatrice von Bismarck (Professorin an der HGB in Leipzig) und Astrid Wege (freie Kuratorin, Köln) am Kunstwochenende in München ein Kamingespräch. Das Gespräch drehte sich um Fragen des Kuratorischen und fand vor dem Kamin von Philipp Lachenmann statt -  einem Nachbau des Repräsentationskamins aus dem Herzogpalast in Urbino. Die schwarz verfärbte Rückwand des Kamins wurde vom Künstler auf der Grundlage der echten Rückwand malerisch gestaltet. Die ausgestellten Werke sind in der Zeit während seines einjährigen Aufenthaltes in der Villa Massimo in Rom entstanden.
Zu Beginn des Gesprächs bemerkte Astrid Wege mit einem Augenzwinkern, dass sie als Kuratorin in einer ungewohnten Lage sei, da sie sich - vom Künstler mit der Kamera beobachtet - nun selbst in der Rolle einer Schauspielerin befinde und mit ihm gleichsam die Rollen getauscht habe. In ihrer Diskussion warfen Wege und von Bismarck interessante Fragen bezüglich der Reinszenierung von Ausstellungen und Objekten (wie des Kamins in Form einer Replik) auf, wie z.B. der in der Fondazione Prada anlässlich der Biennale in Venedig präsentierten Ausstellung "When Attitudes become Form" (Bern 1969). Beatrice von Bismarck fragt danach, was diese Objekte aus ihrer Zeit in unsere Zeit "hinübertransportieren" bzw. was sich bei der zeitlichen Verschiebung verändert. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Federico da Montefeltro, der Bauherr des Herzogpalastes in Urbino und damit des Original-Kamins, selbst ein Meister von Reinszenierungen war: so ließ er alljährlich mittelalterliche Ritterspiele in seinem Palast stattfinden.
Gegenüber dem Kamin befinden sich silberne, reflektierende Gemälde, in denen sich der Kamin leicht "spiegelt" und die damit an historische Spiegel erinnern sollen. Philipp Lachenmann bildet mit seiner Kunst die Nähe zu Fotografie, Skulptur und Film ab. Wie im Film oder Theater konfrontiert uns die Ausstellung gemäß Beatrice von Bismarck mit verschiedenen Zeitebenen.
Im zweiten Raum hinter dem Kamin befinden sich neben Requisiten, wie dem Buch "The Waves" von Virginia Woolf, Fotos der Originalwand des Kamins und Gemälde, die wiederum auf der Grundlage dieser Fotografien entstanden sind. Die Gemälde und Fotografien bilden eine Art "Echokammer", da sie sich aufeinander beziehen und durch ihre Ästhetik auch gleichzeitig für sich selbst stehen können.
Wie auf einem Filmset sind dagegen ein Restaurantschirm mit seinem figurativen Faltenwurf und die Neon-Schrift "Nuit Americaine" an der Wand arrangiert. Den Abschluss bildet ein Lehrfilm aus den 1950er Jahren von zusammenbrechenden Eisbergen, der durch ein Kristallglas projiziert über Projektion, Schein und Abbildung sinnieren lässt. Eine interessante und komplexe Ausstellung, die man am besten gemeinsam mit Andreas Binder begeht!


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