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Samstag, 29. März 2014

Die fantastische Welt der Ellen Gallagher - Führung der Freunde Haus der Kunst mit Ulrich Wilmes



Die vielschichtigen Werke Ellen Gallaghers entziehen sich einer eindeutigen Interpretation - sie sind dialektisch angelegt und vereinen mehrere Aspekte. Die als "Pinocchio-Stab" betitelte Holzskulptur im Treppenhaus auf der vollkommen mit Schreibpapier ausgekleideten Wand zeigt Augäpfel und Lippenpaare, die an die überzeichneten Lippen und Augen von Schwarzen in den Minstrel-Shows der 1910-er Jahre erinnern. Viele Arbeiten von Gallagher kreisen um Identitätsfragen, mit denen sie sich als Tochter eines kapverdischen Vaters und einer irisch-katholischen Mutter, in Providence aufgewachsen, immer wieder auseinandersetzt. Ihre aus den 1990-er Jahren stammenden Gemälde muten auf den ersten Blick minimalistisch an, beim Herantreten erkennt man jedoch Kulleraugen, die durch das hinterlegte und übermalte Schreibpapier in eine gewisse Ordnung gebracht wurden. Ähnlich geht es dem Betrachter bei ihren "black paintings", die noch die Umrisse von übermalten Schreibpapierbögen erkennen lassen und auf denen zu Gruppen formierte Lippenpaare abstrakte Muster formen. Ihre Gemälde und collagenartigen Werke beherbergen phantastische Wesen - wie bei "Bird in Hand", bei dem ein einbeiniger Pirat, (auch inspiriert von dem einbeinigen Stepptänzer Peg Leg Bates aus den 1920-er Jahren) mit fließenden Haaren unter Wasser zu stehen scheint - ebenso wie reale, kleinste Meeresbewohner, wie die auf Walknochen spezialisierten Osedax-Würmer, wobei Fakt und Mythos ineinander überzugehen scheinen. Ihre riesigen Tafeln mit den Bildnissen schwarzer Frauen aus Modezeitschriften, in denen unter anderem für Hautbleichungsmittel und Haarfärbemittel geworben wurde, also alles Produkte, die die schwarzen Frauen "verschönern" sollten, denen sie gelbe Plastillin-Frisuren und -Augen - nicht nur einklebt, sondern richtig einsetzt - bringen ihre akribische Arbeitsweise und ihre Liebe zum Detail besonders gut zur Geltung. Wie eine Persiflage auf ihre eigene Arbeit wirkt der ratternde, bearbeitete Science-Fiction-Film aus den 1940-er Jahren, in dem sie die Außerirdischen mit irren, gelb leuchtenden Augen und gelben, wild wehenden Haaren darstellt. Bei jedem neuen Ausstellungsrundgang wird man immer wieder neue Details entdecken können!
Ellen Gallagher: Greasy (2011)
Die Ausstellung "AxME" von Ellen Gallagher ist bis zum 13. Juli im Haus der Kunst zu sehen.

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