Richard
Artschwagers Credo war ganz einfach: er wollte „unnütze Dinge“ herstellen, die dem
Betrachter Vergnügen bereiten sollen. Dies ist ihm in der großen Retrospektive
im Haus der Kunst wahrlich gelungen; schon das Betrachten seiner Kunst bereitet
Freude: seine exakt gearbeiteten Skulpturen, die beschichteten
Resopal-Oberflächen, die an die Möbel der 1950er und 1960er Jahre erinnern, die
wunderbaren Klaviere, die keine sind, und seine Malereien auf Celotex-Platten
(Hartfaserplatten zur Dämmung von Gebäuden und Dächern), deren spezifisches
Oberflächenmuster seine meist in schwarz-weiß gehaltenen Bilder wie leicht unscharfe
Aufnahmen aussehen lässt.
Richard
Artschwager wurde als Sohn eines deutschstämmigen Vaters und einer russischen
Mutter geboren. Im Alter von acht Jahren ging er fast ein Jahr lang in München
zur Schule, da seine Mutter hier an der Kunstakademie studierte. Zeit seines
Lebens pflegte er die deutsche Sprache und sprach bei jeder sich bietenden
Gelegenheit deutsch. Er studierte Mathematik, Chemie und Biologie und brachte
sich das Schreinern selbst bei. Seine Kunst ist in einem engen Zusammenhang zur
Pop-, Minimal- und Concept-Art zu sehen, ohne jedoch eindeutig einer dieser
Richtungen zugeordnet werden zu können.
Gleich im ersten
Raum empfängt uns ein Kubus, der zunächst aussieht wie ein Tisch, auf dem ein
weißes Tischtuch liegt; tatsächlich ist dieser jedoch nicht als Tisch zu
verwenden, da die schwarzen Flächen an der Seite nur die Illusion eines leeren
Raums neben den Tischbeinen vermitteln. Die Klaviere, die im nächsten Raum
folgen und natürlich auch „nutzlose Gegenstände“ sind, sind eines der
Highlights dieser Ausstellung: ihre unterschiedlichen Namen und Formen betonen
jeweils eine besondere Eigenschaft. So verweist das Piano/Malevich äußerlich
und durch seinen Namen auf die radikale Haltung des Konstruktivismus und
Pianofart wohl eher auf Misstöne, die dem Klavier entschlüpfen könnten.
Die Bilder auf
Celotex-Platten sind Artschwagers Markenzeichen und beinhalten z.B. die „Destruction-Serie“
– eine Bildreihe über den Abriss eines Hotels in Atlantic City – sowie
Innenräume, die wie prunkvolle Kulissen wirken, die darauf warten, dass sich
endlich Leben in ihnen abspielt. Artschwagers Drang, Aussagen zu betonen, auf
Dinge hinzuweisen und deren Besonderheit hervorzustellen, bringt sein gelber,
riesiger „Exclamation Point“ – aus Bürstenmaterial – vortrefflich zum Ausdruck.
So erfand Artschwager Ende der 1960er Jahre sein eigenes Satzzeichen, das „blp“:
längliche Punkte, anfänglich aus dünnem Holz gefertigt, mit denen er die
Schönheit von Gegenständen, Gebäuden usw. markieren wollte, die sich außerhalb
eines Museums – sozusagen im öffentlichen Raum - befanden. Mit seinen
Splatter-Arbeiten – die wie zerschellte Möbel an der Wand bzw. der Raumecke
aussehen - verwirklichte er seine Vorstellung eines Übergangs von der Malerei
zum skulpturalen Bild. Seine Skulptur „double-dinner“, die an eine enge
Sitzgelegenheit für zwei Personen mit eingebautem Tisch zwischen zwei Sitzen in
den amerikanischen Diners erinnert und sein 2007 entstandenes Bild „Lunch for
two“, das ihn an einem ziemlich langen Tisch mit seiner Frau zeigt, nehmen
Paarbeziehungen ironisch unter die Lupe. Was möchte er uns über seine eigene
Ehe sagen? Und die Tierbilder, die über seinem bzw. dem Kopf seiner Frau im
Bild hängen?
Richard
Artschwagers Kunst kann man mit einem Augenzwinkern genießen, sie nimmt sich
selbst und das Leben nicht allzu ernst. Unbedingt empfehlenswert! Und wer den
Wunsch verspürt, mit „blps“ auf
Besonderheiten im Privaten hinzuweisen, kann dies gerne tun: die blps
gibt es in der Buchhaltung König als Klebefolie in zwei Größen zu kaufen.
Die Ausstellung ist bis zum 06.01.2014 im Haus der Kunst zu sehen
Die Ausstellung ist bis zum 06.01.2014 im Haus der Kunst zu sehen
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