Seiten

Mittwoch, 11. Dezember 2013

Die Freunde des Haus der Kunst zu Besuch beim Auktionshaus Quittenbaum

Das im Jahr 1998 in München gegründete Kunstauktionshaus Quittenbaum hat die Freunde des Haus der Kunst am Vorabend der Highlight-Auktion "Henry van de Velde. Wegbereiter, Zeitgenossen und Nachfolger" zu einer Vorbesichtigung und einem Vortrag über van de Velde eingeladen. Quittenbaums Schwerpunkt liegt auf Auktionen im Bereich der angewandten Kunst; Möbel, (Murano-)Glas, Keramik, Porzellan, Schmuck, Silber, Gemälde und Grafiken ab 1880 werden hier angeboten. Anlässlich des 150. Geburtstags des belgischen Architekten und Designers van de Velde (1863 - 1957) hat das Auktionshaus einige seiner Werke, darunter auch Porzellan und seltene Besteckteile, wichtigen Werken seiner Zeitgenossen Peter Behrens und des Glaskünstlers Emil Gallé gegenübergestellt. Van de Velde war ein Alleskönner: er entwarf nicht nur Wohnhäuser, sondern auch komplette Inneneinrichtungen, Kleidung, Teppiche, Tapeten, Service, Porzellan und Bestecke. Er studierte in Weimar, war danach eine gewisse Zeit als Maler tätig (seine Gemälde sind impressionistisch geprägt), wandte sich jedoch relativ schnell von der Malerei ab, da er das Gefühl hatte, dass er mit anderen künstlerischen Mitteln seine Idee einer besseren Gesellschaft effizienter verfolgen konnte. In Weimar gestaltete er das Einfamilienhaus "Hohe Pappeln" für seine Familie. Das Familienfoto, das von ihm und seiner Familie überliefert ist und sie im Garten vor dem Haus zeigt, macht deutlich, was für ein Perfektionist er war: er entwarf sogar die Kleidung: so tragen seine Töchter und seine Frau die gleichen gepunkteten Kleider - nichts wurde dem Zufall überlassen. Mit der gleichen Akribie wandte er sich auch dem Design von Gebrauchsgegenständen zu.
Henry van de Velde: Gürtelschließe 1899
An dem Kerzenleuchter, den Harry Graf Kessler bei van de Velde in Auftrag gab, feilte dieser so lange herum, bis er schließlich 900 Franc - was in der damaligen Zeit eine horrende Summe war - dafür verlangen musste; die Freundschaft der beiden wäre daran fast zerbrochen. Gemäß seinem Glaubenssatz: "Die Linie ist eine Kraft" zeichnen sich seine Möbelentwürfe, z.B. Stühle, Tische und sogar Teppiche, durch eine sehr schwungvolle Linienführung aus. Ebenso sein Porzellanservice von 1903, das den treffenden Namen "Peitschenhieb" trägt. Von Kaiser Wilhelm ist die Anekdote überliefert, dass er eine Ausstellung von ihm nicht betreten wollte, da er angeblich Angst hatte, seekrank zu werden. So wichtig das äußere Erscheinungsbild für van de Velde auch war; er achtete bei seinen Entwürfen sehr genau auf die "vernunftgemäße Schönheit": die Funktion hatte für ihn einen hohen Stellenwert. Kurz nach der Jahrhundertwende übernahm er die Leitung der Großherzoglich-Sächsischen Kunstgewerbeschule in Weimar, wo er durch seine spätere Empfehlung, Gropius zum Direktor der Kunstschule zu ernennen, der Entwicklung des Bauhaus Vorschub leistete. Neben den viel bestaunten Exponaten lag es an den interessanten Ausführungen von Herrn und Frau Quittenbaum sowie ihrem Team, dass an diesem Abend Geschichte lebendig wurde!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen