Mit dem Thema Holocaust hat sich Gerhard Richter intensiv auseinandergesetzt. Der Vater seiner ersten Frau war am nationalsozialistischen Euthanasieprogramm beteiligt - seine Tante hingegen war 1945 im Rahmen ebendieses Euthanasieprogramms zu Tode gekommen. Immer wieder startete er Versuche, Hitler zu malen; entschied sich jedoch im letzten Moment dagegen, da er nicht als Hitler-Maler bekannt werden wollte. Ursprünglich plante Richter - als er 1997 gebeten wurde eine 30 Meter hohe Wand in der Westeingangshalle des Reichstags zu gestalten - vier große Bilder zum Holocaust zu präsentieren. Nach reiflicher Überlegung entschied er sich dagegen und entwickelte die Idee, ein Muster aus den Nationalfarben herzustellen. Er verwarf diese Möglichkeit jedoch auch und gestaltete die Wand schließlich mit farbemaillierten Glasplatten in schwarz, rot und golden, wobei er das Format und die Proportionen der Farbfelder bewusst von dem der deutschen Flagge absetzte.
Beim Betrachten der Tafeln erschließt sich für den Besucher auf wunderbare Weise Richters Methode des Bilderfilterns, des Findens und Verwerfens und man kann die gedankliche Entwicklung seiner Bilder Schritt für Schritt nachvollziehen. Die Ausstellung präsentiert auch neuere Arbeiten von ihm: die Vorlagen für seine Stripbilder, die entstehen, indem der Künstler Ausschnitte aus früheren abstrakten Arbeiten immer wieder bearbeitet und abstrahiert; die Hinterglasmalerei "Flow" (2013) sowie seine Installation mit zehn gekippten Glasscheiben. Für Richter selbst stellt der Atlas kein eigenständiges Kunstwerk dar: für ihn gehört er zu den vorbereitenden Arbeiten. Helmut Friedel, ehemaliger Direktor des Lenbachhauses und Kurator dieser Ausstellung, ist der gegenteiligen Auffassung. In seinen Augen weist der Atlas ein klares Konzept und eine große Ästhetik auf - die handwerkliche Ausführung stellt für ihn nicht das entscheidende Kriterium für den Kunstbegriff dar. Eine wunderbare Ausstellung, die einen tollen Einblick in das Werk und die künstlerische Vorgehensweise Gerhard Richters bietet!
Gerhard Richter: IBLAN (2009), gewebter Jacquard-Wandteppich |
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