Die Ballade vom
traurigen Café spielt in einer trostlosen Kleinstadt in den Südstaaten der USA.
Regisseur Walter Meierjohann lässt auf der Bühne und am Bühnenrand verteilt
Grasbüschel wachsen, die den Eindruck dieser Trostlosigkeit noch verstärken.
Jeden Abend nach
der Arbeit versammeln sich einige Bürger der Stadt - jene, die Whiskey trinken
wollen - vor Miss Amelia Evans´ (Juliane Köhler) Haus und warten auf die
frische Lieferung aus der Brennerei. Miss Amelia ist eine herbe und wortkarge
Frau, die ihre „Gäste“ nie ins Haus hineinbittet und sie auf der Straße trinken
lässt. Eines Tages taucht ein kleiner, buckliger Mann (hervorragend in dieser
Rolle: Markus Hering) in dem Ort auf und behauptet, der Vetter von Amelia zu
sein. Sehr zum Erstaunen aller nimmt sie ihn auf und lässt sich auf eine
Beziehung mit ihm ein. Durch Vetter Lymon verwandelt sich das Erdgeschoss von
Amelias Haus in ein Café, in dem unter der Woche, vor allem aber am Wochenende,
das Leben pulsiert. Wer die Romane, Novellen und Kurzgeschichten von Carson
McCullers kennt, ahnt schon, dass ihre Freude nicht lange währen kann. Miss
Amelias Ehemann Marvin Macy – ein Gauner und Frauenheld, der sich zwei Jahre
lang vor der Hochzeit nichts mehr zuschulden kommen ließ, nur um Miss Amelia zu
gefallen und sie zu einer Heirat zu bewegen – wird aus dem Gefängnis vorzeitig
entlassen. Er möchte sich an ihr rächen, weil sie ihn nicht als Ehemann
anerkannt, ihn aus dem gemeinsamen Schlafzimmer vertrieben und ihm das Leben
zur Hölle gemacht hat. Nach nur zehn Tagen Ehe hat sie ihn hinausgeworfen,
obwohl er bereit war, alles für sie zu tun. Vetter Lymon, der nichts von dem
Ehemann wusste, erweckt zunächst den Eindruck, zwischen beiden vermitteln zu
wollen. Die Situation spitzt sich zu und schließlich kommt es zu einer
körperlichen Auseinandersetzung zwischen Marvin und Miss Amelia. Mehr möchte
ich an dieser Stelle nicht verraten, um die Spannung zu erhalten, gleichwohl
man ein trauriges Ende aufgrund des Titels des Stücks ja erwartet. Dennoch gibt
es einige Überraschungsmomente, vor allem was die Loyalität und Liebesfähigkeit
der Akteure betrifft. August Zirner tritt als Erzähler der Geschichte auf, er
erzählt sie ruhig, fast in einem erzählerischen Plauderton, der ihrer Dramatik gänzlich
entgegensteht. Juliane Köhler spielt die wortkarge, androgyne und männlich
anmutende Miss Amelia hervorragend. Markus Herings beeindruckendes Schauspiel
ist gleichzeitig ein körperlicher
Kraftakt: er stellt den buckligen Vetter Lymon unter Einsatz seines ganzen
Körpers dar: er hält sich schief und seine Beine sind die ganze Zeit über
gekrümmt. Ein sehenswertes Stück, bei dem man am Ende noch etwas bedrückt
sitzen bleiben und es nachwirken lassen möchte!
Ich war an diesem Abend mit Heinke im Residenztheater und kann ihr nur voll zustimmen. Noch am nächsten Tag war ich emotional von dem Stück gefangen. Dank der musikalischen Untermalung und einiger heiterer Szenen hat das Stück überhaupt keine Längen und ist nur zu empfehlen.
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